erstellt am 03. Dezember 2001 um 22:50 Uhr
AngeliqueSie lebten in trauter Zweisamkeit
in einem großen,weißen Haus,
mit einem weißen Sandstrand
und dem Blick aufs Meer hinaus.
Ein seltsames Pärchen waren sie:
Ein Mann mit einem kleinen Kind.
Und alle Leute fragten sich,
wer diese beiden wirklich sind.
Doch sie hielten sich verborgen,
mit ihrer ganzen Pracht.
Sie schliefen erst am Morgen,
und streunten durch die Nacht.
Niemand besuchte diese Wesen,
sie waren immer ganz allein.
Und doch schienen sie fast immer
ziemlich glücklich zusammen zu sein.
Er las ihr stundenlang Sachen vor,
erzählte ihr über die Philosophie,
sie war so ein gebildetes Kind
und richtig langweilig wurde ihr nie.
Er spielte Geige nur für sie.
Sie lauschte gebannt den Klängen der Musik.
Die beiden kamen aus Frankreich:
Sie hießen Francois und Angelique.
Er kämmte zärtlich ihre Lockenpracht,
las jeden Wunsch von den Augen ab.
Und wenn der Morgen verschlang die Nacht,
stiegen sie leise in ihre Gruft hinab.
Nachts, da gingen sie immer jagen,
mit leeren Adern auf leisen Sohlen
doch wenn die Sterne langsam erloschen,
waren in Prag wieder Menschen verschollen.
Denn Menschenblut war ihre Nahrung,
das Blut der sterblichen Sünder in Prag.
Er lehrte sie so viele Dinge:
"Die Nacht ist wichtig, nicht der Tag!"
Hüte dich vor der Sonne, Liebes,
denn sie kann dich für immer zerstören.
Und dann wirst Du für die Ewigkeit
zu den Seelen der sterblichen Sünder gehören
Höre auf mich, Angelique,
weil dir so nichts passieren kann:
Ich bin der Einzige für dich
-dein Vater, Bruder, Freund und Mann.
So vergingen viele Jahre,
doch Angelique alterte nie.
Sie machte sich darüber Sorgen,
suchte Antwort in der Philosophie.
Doch sie fand stets keinen Rat
und begann,Fragen zu stellen:
"Francois, warum bin ich ein Kind,
höre auf, mich zu quälen!
Sage mir doch, wer ich bin
und ich lasse dich in Frieden,
ansonsten forsche ich nun selbst,
und du kannst es nicht verbieten."
"Also gut, mein liebes Mädchen,
höre mir nun genau zu:
Hier,in diesem sündigen Städtchen,
da entstandest auch du...
Deine Mutter liebte mich sehr,
sie wurde meine treue Maid.
Doch ich wollte nur ihr Blut,
und nahm es in meiner Einsamkeit.
Ich bin nunmal auch sündig,
denn ich brauche das Blut.
ich muss ständig Menschen töten,
egal, wie leid mir das auch tut!
Doch sie hatte eine Tochter
-an sie habe ich nicht gedacht.
Und so ließ ich dich nicht sterben,
denn ich gab dir meine Macht.
Ich ließ Dich mein Blut schnell trinken
und du bist dem Tod entkommen:
Sei mir dankbar, meine Süße,
ich habe dir die Sterblichkeit genommen!
Und so bleibst du ewig jung,
ewig kindlich, voll mit Macht.
Du wirst sie niemals erleben-
diese triste Todesschlacht!"
"So ist das-Du bist mein Schöpfer
und ich hasse dich dafür.
Ich stecke ewig in diesem Körper
Geh! Da ist die schöne Tür!
Du hast mich bestraft für immer,
und nun lasse mich allen.
Sage mir, was ist denn schlimmer-
tot,oder verdammt zu sein?"
"Aber, Mädchen, du hast alles,
was man sich nur wünschen kann:
Gold und Pracht, Musik und Bücher-
denke auch mal daran!"
"Nein, mon cher, ich will nichts haben,
ich will wieder sterblich sein,
ich will die Welt bei Tage sehen,
ich sehne mich nach dem Sonnenschein"
"Mais,ma petite,verlange das nicht,
und weine nicht,ich bitte dich!
Kannst du spüren, wie mein Herz bricht?
denn dein Kummer tötet mich.
Nein, das kann ich dir nicht geben,
dazu reicht nicht meine Macht.
Komm, wir gehen jetzt besser jagen,
lang ist noch die ganze Nacht."
Und so resigniert sie traurig,
und die Tränen engen sie ein.
Noch heute wünscht sie sich so sehr,
irgendwann gestorben zu sein
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